Mittwoch, 29. Dezember 2010

Spaß trotz Weihnachten

Am ersten Feiertag wurden TS und ich ins Radisson in CB eingeladen. 4-Sterne-Party in der Suite von Nico & Anja. Nach dem Unsichern der Pool- und Saunalandschaft und dem Ärgern anwesender Hotelgäste...


... wurde schick nach den-Schnee-nicht-mehr-bewältigenden-StraBas schick bei Jimmy gegessen, und nach driftenden Taxen die Innenarchitektur der Radisson-Loung
e sowie die Qualität der dort zu findenden Cocktails in Augenschein genommen.

Zwei Tage später stand ein Jahrgangstreffen in der Heimat an, weswegen sich haufenweise Bekannte in der Stadt tummelten. Aber wie es dort nun einmal so ist, kommt einem nach recht kurzer Zeit die Frage nach der nächsten Bespaßungsmöglichkeit. In Ermangelung einer größeren Auswahl derer wurde sich entschlossen, den
Monosound und das schiefe Bild des KinOhs in Zusammenarbeit eines vermutlich noch schlechteren Kinderfilms genießen zu gehen. Um vielleicht wenigstens ums Eintrittsgeld zu kommen, wurden schnell im 1€-Shop 2 MöchtegernPlayboy-Bunny-Sets erstanden, deren Ohren mit braunen Einweg-Handschuhen und -Socken geschmückt und die dazugehörigen rosa Puschelschwänzchen zu roten Nasen umfunktioniert.


Hat leider nicht geklappt, das mit dem freien Eintritt. Immerhin, die Kinder hinter uns hatten ihren Spaß. Wir im Übrigen auch - und das lag nicht an dem Film, der genau so schlecht war, wie wir vorher dachten. Am Ende wussten wir auch, warum unsere Fan-Masche nicht zog. Die haben uns voll durchschaut - im Film hatten die Rentiere gar keine roten Nasen *grml*

Das Treffen danach lief recht unspektakulär, weswegen wir üblichen Verdächtigen eine Antiparty mit Bierkiste-an-Auto-Kutsche und Aldi-Tüten-Rodeln starten mussten.

Der 1€-Shop hatte im Übrigen alle Hände voll damit zu tun, die Regale mit Osterhäschen und dergleichen vollzustopfen. In diesem Sinne:

Frohe Ostern!

Watching:
Sergio Mimica-Gezzan - Die Säulen der Erde

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Leidensgeschichte, die in die Geschichte einging

Ich saß die Tage beim Arzt. Dort griff ich mir eine Ausgabe des Sterns (Stern #50, 09.12.2010). Darin fand ich einen extrem beeindruckenden Artikel (eine Kopie findet sich hier).

Es geht um einen HIV-infizierten Mann, der zusätzlich noch an Leukämie erkrankte. Das an sich finde ich schon verdammt hart. Doch dann entwickelt dich folgende Geschichte:
Der Mann kam zu einem Arzt der Berlin Charité. Dieser suchte Stammzellspender in der Knochenmarksdatei und wurde fündig. Unter den möglichen Spendern fand sich einer, der eine bestimmte Genmutation aufwies, wodurch sich der Rezeptor CCR5 derart verändert, dass das Andocken des HI-Virus quasi unmöglich macht. Die Mutation sollen 0,1% aller Europäer aufweisen, die damit immun gegen HIV sind.

Diese mutierten Stammzellen wurden dem Patienten transplantiert, mit Erfolg. Denn darauf ließen sich die HI-Viren im Blut nicht mehr nachweisen (es wird wohl explizit nicht von "Heilung", sondern von "nicht nachweisbar" gesprochen), was auch bis heute anhält. Ebenso erging es letztlich (bislang entgültig erst nach einer zweiten Transplantation) mit dem Blutkrebs.

So wurde der Mann durch einen glücklichen Zufall von zwei extrem schweren Krankheiten durch eine Genmutation in Spenderstammzellen gerettet und wurde nebenbei der erste Mensch, bei dem das HI-Virus bekämpft werden konnte.

Natürlich hat das ganze nicht zu unterschätzende Nebenwirkungen. Mal von der Sterberate von 30% bei derartigen Eingriffen abgesehen, wurde der Mann durch die ganzen Behandlungen ein körperliches Wrack, großteils gelähmt und muss jetzt erst zig Therapien machen, um wieder gehen zu können und sein Gedächtnis und Sprachvermögen neu trainieren.

Es wurden in den letzten Jahren noch mehr solche Behandlungen versucht, doch es scheiterte entweder an der Nichtexistenz von passenden Spendern oder an der Sterberate von Leukämie. Dennoch ist es irgendwie ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Ich jedenfalls war von dieser Geschichte stark beeindruckt - auch wenn sie angeblich schon 2 Jahre bekannt sein soll.

Hier ist dazu noch ein etwas genauerer FAZ-Artikel (18.07.2010).

Montag, 13. Dezember 2010

Neue Reihe: Sport in Berlin

Ich wurde gestern von der Familie von A. mit in die Max-Schmeling-Halle genommen. Unter den gut 8000 Mitgekommenen auch besser bekannt als "Fuchsbau". Es ist die Heimat der Berliner 1.Liga-Handballer, der "Füchse Berlin".

War mal was anderes. Als ich mich das letzte Mal zu einer Sportveranstaltung bewegt hatte, die nix mit fliegenden Scheiben zu tun hatte, wohnte ich noch Cottbus. Ich glaube, es waren damals die "White Devils" beim Basketball, lange nach meinem letzten Stadionbesuch beim Fussball. Nun ja, lange Rede, gar kein Sinn: War auf jeden Fall mal wieder sehr nett, so eine Fanstimmung zu erleben. Handball ist auch nicht so öde wie Fußball und insofern habe ich mich die 60 Spielminuten gut amüsiert.

Von Show verstehen die Handballer definitiv was, so von wegen mit Cheerleadern und Pyrotechnik. Nicht zu vergessen, die Nummer 8, Fuchsi, das Maskottchen mit dem kreativen Namen. Aber der war lustig zu beobachten... Hat sich lieber mit kleinen Kindern vergnügt, als dem Spiel beizuwohnen. Ich mochte Fuchsi. Naja und knapp gewonnen haben sie auch noch, sonst hätte meine Kleene neben mir die Haltestange gefressen, an die sie sich die letzten Minuten geklammert hatte, glaub ich *gnihihihi*

So und nun werde ich auch mal zu den Eisbären (schon konkreter geplant) gehen und A. zu den Albatrossen schleifen. Dann habe ich alles gesehen, was es an so erstklassigem Sport in Berlin gibt :) Gott sei Dank, muss ich deshalb nicht noch zum Fußball gehen *höhöhö*
Wenn ich dann noch das vierte Unterwasserhockey-Team Deutschlands in Berlin gründe, spiele ich selbst in einer 1. Liga :D Wer hat Lust, mitzuspielen; ich nehm alle?!

Sonntag, 12. Dezember 2010

Stadt unterm Wald

Ich hatte ja hier schon einmal von einem grandiosen LostPlace erzählt, der Stadt im Wald. Nun ja, das kann ich jetzt toppen. Ich habe einen Ort gesehen, wo der Spruch "Lege dich nie mit einem Geocacher an, er kennt Orte, wo du nie wieder gefunden wirst!" eine völlig neue Bedeutung bekommt. Vor zwei Wochen waren eine handvoll Cacher, meine Wenigkeit (und erfreulicherweise mit Haps im Anhang!) mal wieder etwas weiter weg auf Tour. Irgendwo im Wald, gute 120km von zuhause entfernt stolperten wir urplötzlich über ein Loch. Kaum 1m durchmaß es, den Grund konnte man bestenfalls erahnen. Dort ging es hinab in einen Bunker. Dort mussten wir hinein.

WARNING: Spoilers may be included!

Es trieb uns durch immer tiefer hinab. Leitern, Treppen, Schächte, Löcher, Kanäle. Nach spätestens 10Minuten hatte man jegliches Orientierungsgefühl verloren. Wie hoch oder wie tief man sich im Augenblick befand, und in welche Richtung man sich bewegte. Schwer zu sagen. Es gab massenhaft Räume. Nachdem man sich durch die ersten Schleusen bewegt hatte, kam man in Räume und Gänge, in denen man bequem laufen konnte. Als wir uns in einem Treppenhaus befanden mussten wir uns zwingen, daran zu denken, dass wir nicht in einem normalen Haus waren. Und doch gab es alles: Schlafstuben und Sanitäreinrichtungen. Zig Stiegen und Klappen wurden überwunden, schier unendlich lange Gänge durchwandert. Teilweise fanden sich Luken im Boden, die wieder auf einen Raum führten, der wieder eine Luke im Boden hatte und wiederum an einen solchen Raum angrenzte - bis zu 4 Ebenen tief. Generator- und Akkuräume, Dieseltanks und Lüftungssysteme. Klaustrophobie traf auf Mannschaftsräume.

Schwer, das dort Erlebte wiederzugeben. Aber verdammt, Scheiß auf die Stadt im Wald. Bei Dessau findet man die Stadt UNTERM Wald! Angeblich 3000 Mann Fassungs
vermögen. Der Vater von meiner Kleenen tippt auf den Führungsbunker des Pionierregiments der DDR. Zumindest Russisch mussten sie können, die Truppen. Es war unglaublich beeindruckend, aber zugleich extrem beängstigend. Immerhin wurde das Teil errichtet, damit ein paar Wahnsinnige Krieg spielen konnten. Es stellt sich mir nur die Frage WIE so etwas gebaut wurde. Ich meine, die Treppengeländer werden sie schwerlich durch die einzig gefundene Zugangsluke und -schächte geschleppt haben... Heftigst!
Das einzig Spaßhemmende waren die Anzeichen, dass wohl auch der ansässige Neonazi-Szene dieser Ort bekannt ist. Lustig ist aber deren eigener Beweis in Form von Rechtschreibung, dass sie nix im Kopf haben...


Listening To:
OST - Kill Bill Vol. 1

Montag, 6. Dezember 2010

Die Dosenfischer - Der Soundtrack zum Hobby

Drei Wochen sind schon wieder vergangen, seit dem Release des ersten offiziellen Albums der Dosenfischer: "Wir nennen es Dosenfischen". Drei Wochen weniger 3 Tage, die ich das gute Stück mein Eigen nenne. Eine Zeit, in der ich die Platte unzählige Male hören konnte.


Bis auf einen Neuling finden sich auf der Tracklist nur bekannte Songs, stets unterbrochen von kurzen Gags und Einwürfen der Dosenfischer und diverser Gäste. Die Stücke klingen sehr viel professioneller als ihre ersten und bekannten Versionen. Mit sehr viel Liebe wurden diverse Soundeffekte und Instrumentalspuren eingebaut, leichte Variationen in den Melodien vorgenommen und das ganze abschließend auf Hochglanz poliert. Es macht einen runden Eindruck.

Und doch... Ich kann mir nicht helfen. Bei aller Liebe zum Detail, aber das Album, so gut es auch ist, scheint mir genau aufgrund seiner Perfektion nicht 100%ig gelungen. Die Dosenfischer liefern den Soundtrack zum Geocaching. Dieses Hobby ist dreckig, gelingt selten auf Anhieb und ist immer mit allerlei Hürden versehen. Genau das haben die teils improvisierten und sicher auch unvollenden Songs widergespiegelt. Einige Lieder haben durch ihre Politur ihren Charme eingebüßt. Ich liebe die verträumte und melancholische Art, wie die "Kleine Wanze auf der Reise" besungen wurde, die unterstützenden Zwischenrufe a là "Nicht die Bohne!" in der Live-Version vom Titelgeber des Albums. All jene kleinen Details sucht man auf dem fertigen Silberling der drei vergeblich - Schade eigentlich.

Nichtsdestotrotz ist es eine sehr nette CD, die einem den Tag durchaus versüßen kann. Im Bonus-Downloadbereich finden sich weitere 5 Lieder, alle mehr oder weniger neu. Gerade "Wie auf einer Bobbahn" ist ein kleines Highlight des Gesamtwerkes, irgendwie vor allem aufgrund seiner Neuheit und dem damit verbundenen neuen Schmunzeln und Im-Inneren-Zustimmen.

Die CD wird zusammen mit einer brandneuen Coin ausgeliefert, die allerdings in meinem Fall sicher nie auf Reisen gehen wird - aus Angst vor Langfingern. Ich taufte sie auf den Namen "The One-Day-I'll-See-"Die Dosenfischer"-Coin". Wer sie discovern will, darf das natürlich jederzeit gern tun. Eines Tages hoffe ich auch auf ein digitales Autogramm vom Sandmann und Co. :)

An dieser Stelle möchte ich mich bei den Dosenfischern bedanken für ihre herrlichen Lieder, die jede öde Bürostunde fernab des Hobbys aufheitern können mit den herrlich treffenden Beschreibungen ebenjenes. Der Kauf der CD ist schon allein deswegen ein Muss gewesen, weil ich so endlich meine Wertschätzung zum Ausdruck bringen konnte. Endlich gab es einen Weg, diese Band zu unterstützen. Vielleicht sehe ich sie ja auch mal live. Schauma mal.

Watching:
Christopher Nolan - Inception
Listening To:
Gregorian - The Masterpieces

Donnerstag, 2. Dezember 2010

The Return Of Mini Rado

Ok, verarscht. :(

Aber immerhin habe ich heute das hier gefunden:


Ist nicht genau das gleiche, aber kommt dem guten alten MiniRado am nächsten. Mir ist immernoch schleierhaft, warum es diese großartige Erfindung nur so kurz gab. War ich der einzige, der das Zeug grandios fand?

Mini Color-Rado jedenfalls ist tatsächlich nur eine Miniausgabe des großen Bruders. Lediglich die Stafetten fehlen, ebenso die "inversen Stafetten". Ansonsten ist alles drin, inklusive der neuen Vampire als auch der verhassen harten Zuckerdings-Eier-irgendwas-IhrWisstSchon. Mini Rado hatte genau die damals eben nicht, was sie gegenüber Color-Rado hervorhob. (Außerdem hatte Mini Rado noch Pico-Ballas eingemischt, was es unschlagbar machte - sozusagen wirklich von Haribo das Beste). Naja, immerhin sind die Zuckerdinger auch kleiner, womit das Verhältnis der Zuckerkruste zum widerlichen Innenzeuch besser wird.

MAC-Filtering bei Alice WLAN 1121

Ich hatte letzte Woche das Pech, dass mein guter alter Router, ein Siemens SL2-141-i, kaputt gegangen ist. Heißt so viel, wie die Ethernet-Ports wollten nicht mehr so wie ich wollte. Das hatte zur Folge, dass ich weit über 60 Minuten in der Alice-Technikerwarteschlange hing, die weder billig ist noch mit unterhaltsamer oder abwechslungsreicher Melodie dienen kann. Schlussendlich wurde mir das zu teuer, ich gab auf und rief am nächsten Tag nochmal an. Daraufhin sendete man mir - entgegen meines Wunsches auf ein identisches Gerät - einen neuen Router, den hauseigenen Alice WLAN 1121.

Dieser Router wartet mit einem für den Otto-Normal-Anwender katastrophalen Interface auf. Es ist nicht einmal möglich, für sein WLAN eine MAC-Adressen-Filterung einzuschalten, was eigentlich ein relativ wichtiges Sicherheitsfeature darstellt.


Allerdings gibt es Abhilfe. Greift man anstatt auf http://192.168.1.1 (oder der jeweiligen RouterIP) mittels http://192.168.1.1/a1d2v3a4n5c6e7d8.html auf das Gerät zu, wird man nicht nach dem einfachen Kennwort, sondern nach dem Administrator-Kennwort gefragt.
Dieses ist standardmäßig auf AliceXXXXXX123 (wobei XXXXXX die letzten 6 Stellen der GeräteMAC sind - Großbuchstaben!) gesetzt. Diese M
AC findet man heraus, indem man

  • unter Windows: Start-> Ausführen -> cmd -> arp /a
  • unter Linux: Konsole öffnen -> arp -a
ausführt. So weit, so gut. Unter den erweiterten Einstellungen findet man dann unter "Wireless" den Punkt "MAC Filter", fertig.

Zwar bieten die Erweiterten Einstellungen eine ganze Menge Möglichkeiten, eine Sache ändern sie jedoch nicht: Router-Passwörter dürfen trotzdem maximal 16 Zeichen lang sein und keine Sonderzeichen beinhalten. Noch viel skurriler wird es, wenn man versucht, das Admin-Passwort zu ändern. Ich habe es getan und konnte mich zur Belohnung gar nicht mehr am Router anmelden, weder normal, noch advanced. Da half 2x nur ein HardReset.
In der Hinsicht ist das Gerät also absoluter Schrott. Interessanterweise kam ich im Übrigen die letzten Male nur in den Advanced-Teil, wenn ich mich vorher erst einmal im einfachen Interface angemeldet habe (dann also erst die Admin-URL eingeben). Doofes Ding, ich will den SL2 wieder haben!

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Wie sehen eigentlich Terroristen aus?

... fragte sich Stumpfi.



Da sieht man mal wieder, was das alles für Knallköppe da sind unter der Kuppel. Apropos, wo blieb eigentlich der vielbeschworene Anschlag Ende des letzten Monats? Ach ja, vermutlich haben die Staatswächter den glücklicherweise vereitelt... Oder so...

Hach ja, ich mag Extra3 :)

Jetzt doch: Mein Wort zum JMStV (Update 2)

Ja, entgegen meiner nichtdigitalen Worte gestern, möchte ich doch der Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags einen Post widmen. Nein, ich weiß auch nicht mehr darüber als jeder andere. Aber ein paar Quellen und Geschichten haben sich hier die letzten zwei Tage angesammelt.

Zuerst der WasIstDas?-Teil:

Update (02.12.2010):
Es legt Anbietern von Medien (z.B. TV, Radio, Kino, Spiele, Internetdienste) Pflichten auf, die helfen sollen, Kinder und Jugendliche von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten fern zu halten.
[...]
Bisher mussten sie je nach Grad der Beeinträchtigung entweder
  • technische oder sonstige Zugangssperren einsetzen (z.B. Ausweisnummernkontrolle) oder
  • „Sendezeit“- Beschränkungen einführen (z.B. Website nur zwischen 20 und 6 Uhr zugänglich machen)

Nur haben die meisten Anbieter nicht auf das Gesetz geachtet, da die zuständigen Behörden Verstöße auch nicht geahndet haben.

Neu ist nun die Möglichkeit, statt der obigen Sperren die Angebote nach Altersstufen zu kennzeichnen („ohne Einschränkung“, „ab 6“, „ab 12“, „ab 16“ oder „ab 18“ § 5 Abs.2 JMStV-E).

[t3n.de, 29.11.2010]

Das Änderungsgesetz, das zum 1. Januar 2011 in Kraft treten soll, wurde kontrovers diskutiert. Kern der Debatte ist die geplante Einführung einer Alterskennzeichnung von Inhalten im Internet,[4] die den Zugang beschränkt, und von Gegnern für inpraktikabel und Rechtsunsicherheit schaffend gehalten wird.[5] Zudem wies u.a. der Informationsrechtler Thomas Hoeren auf schwere handwerkliche Mängel hin,[6] während der Rechtsanwalt Udo Vetter die verwendete Software als solides Fundament für eine spätere Zensurinfrastruktur[7] charaktisierte aber die Folgen für die praktische Rechtsprechung im Bezug auf Blogs als beherrschbar einstufte.


Egal ob es sich um ein kleines Blog oder eine große Konzern-Site handelt: Jeder Anbieter im Web wird sich aller Voraussicht nach mit der neuen Regelung beschäftigen müssen, denn der JMStV sieht Bußgelder für Verstöße vor. Zumindest kommerziellen Betreibern droht außerdem Ungemach aus Richtung des Mitbewerbs: Wer ab Januar 2011 nicht kennzeichnet oder den Zugang beschränkt, kann von der Konkurrenz eine Abmahnung wegen unlauteren Wettbewerbs erhalten. Schließlich verschafft er sich einen Vorteil, indem er sich nicht an bestehende Regelungen hält. Rechtsexperten befürchten bereits Abmahnwellen, die insbesondere kleinere geschäftliche Anbieter im Web überschwemmen könnten.

Schon im Mai hat der
AK Zensur das Pamphlet analysiert und für "aus netzpolitischer und medienpädagogischer Sicht verfehlt sowie wirtschaftspolitisch bedenklich" erklärt. Argumentiert wird aufgrund der Verhältnismäßigkeit, dass keine 600 Mio. Seiten (die allein Google gefunden hatte) auf Erziehungsbeeinträchtigung für Kinder hin untersucht werden können ("Beispielsweise hat die deutschsprachige Wikipedia über eine Million Einträge. Wer soll die alle kennzeichnen?").

Nachdem nun die Hamburger Grünen mit ihrer Glanzleistung ("Wir sind weiterhin gegen den #JMStV, die Fraktion hat sich aufgrund parlamentarischer Zwänge anders entschlossen.", via Fefe, 30.11.2010; genau, dagegen sein, trotzdem dafür stimmen und sich dann aus der Regierungspflicht verpissen und die Koalition auflösen...) ganze Arbeit geleistet haben, zogen die ersten Blogger ihre Konsequenzen:

Mit VZlog.de zieht das erste größere Web-Angebot Konzequenzen aus den neuen Jugendschutzregelungen, die voraussichtlich im Januar in Kraft treten werden. Die Betreiber des beliebten Blogs haben angekündigt, ihr Angebot ab 1. Januar dicht zu machen: "Da alle durch den neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag möglichen Optionen für uns keine Optionen sind, werden wir VZlog.de am 31. Dezember 2010 schließen. Dies bedeutet, dass keine neuen Artikel erscheinen und auch kein Archiv verfügbar sein wird."

Auch der Isotopp-Blog verschwand heute von der Bildfläche:

Der Grund ist der neue Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der gerade verabschiedet wird und der Ende des Jahres in Kraft treten wird. Nach diesem Vertrag müßte ich alle meine Inhalte durchgehen und mit einem Alterslabel versehen. Dafür habe ich keine Zeit und es wäre auch nicht produktiv. Für die Inhalte, die ab 16 oder ab 18 eingestuft sind (und das ist das Default-Label) müßte ich außerdem einen wirksamen Zugangsschutz mit Alterskontrolle implementieren. Einen solches zugelassenes Verfahren gibt es derzeit nicht, und wenn es das gäbe, wäre es nicht kostenfrei zu haben - und ich habe keine Lust, für meine kostenfrei angebotenen Inhalte Geld aufzuwenden, noch habe ich Lust, mein Blog in ein Geschäft umzuwandeln.

Wenn ich das nicht mache, öffne ich mich einem beträchtlichen finanziellen Risiko durch Abmahnungen und das will ich nicht tragen.

Tja, aber was nun? Nun, der Blog vom Pantoffelpunk zum Beispiel hat ja eh schon seit Monaten ein schönes, provozierendes FSK18-Schild in seiner Ecke zu kleben gehabt. Seit heute (oder zumindest zeitnah) prangt da nun erklärend jenes nette Bildchen rechts. Dazu nimmt er Stellung und vertritt eine ziemlich coole Meinung:

Selbstverständlich ist denen da oben das unangenehm, sie verstehen das web und letztlich Demokratie nicht und bekommen Angst. Selbstverständlich tun sie darum alles in Ihrer Macht stehende, uns zu katalogisieren, uns zu kriminalisieren und uns den Mund zu verbieten. Sie wollen unsere angebliche Anonymität aufheben, sie wollen für uns eine eindeutige ID für Netzzugang und Kommunikation, sie wollen Three-Strikes, die Vorratsdatenspeicherung und mit dem JMStV versuchen sie, bis an die äußerste Grenze, die das Grundgesetz noch vorgibt, uns einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen.

Leider scheint es ihnen vielfach zu gelingen: Noch bevor der JMStV überhaupt in Kraft getreten ist, wurden blogs offline genommen oder es wird selbiges angekündigt.

Ich mache da nicht mit. Nicht nur, dass mein Halbwissen und mein gesunder Menschenverstand mir sagt, dass der JMStV am Ende weder technisch noch moralisch durchsetzbar ist, ich denke und hoffe, dass die Kraft des Netzes, dass wir es schaffen, dieses Gesetz durch Rückgrat und Kreativität ad absurdum zu führen. Im lawblog wird mein Eindruck juristisch ausformuliert bestätigt, lesen!

Selbstverständlich bin auch ich verunsichert und natürlich fürchte auch ich, Opfer des JMStV zu werden, aber wie wollen wir etwas ändern, wenn wir schon aufgeben, bevor wir gekämpft haben? Wir bejubeln die chinesischen Dissidenten, lassen die Iraner hochleben, die ihre Ideen von Demokratie und Freiheit über die sozialen Netzwerke verbreiten, obwohl ihnen lebenslanges Straflager oder Steinigung drohen – da können wir doch nicht den Arsch zukneifen, nur weil uns eine – eventuell satte – Geldstrafe droht!


So, und weil der Pantoffelpunk Lesebefehl fürs Lawblog gab (und weil ich da eh täglich vorbei schlendere) hier der meiner Meinung nach wichtigeste (und längste und ausführlichste) Beitrag zu dem Thema von Udo Vetter:

Das größte Schreckgespenst ist die Alterskennzeichnung. Wie soll man die Beiträge aus drei, vier, fünf Jahren Bloggerei auf ihre Jugendgefährdung sichten? Die Frage ist schon mal falsch gestellt. Es gibt, entgegen vieler Darstellungen, keine generelle Pflicht zu einer Alterskennzeichnung. Nur wer Inhalte anbietet, die ausschließlich für Nutzer ab 16 oder 18 Jahren geeignet sind, muss entweder eine Alterskennzeichnung einführen oder seine Inhalte tagsüber sperren.

Das ist im wesentlichen übrigens auch bisher schon geltendes Recht. Gekümmert hat es kaum jemanden. Bis auf das Verbot eines Anorexie-Blogs und einige Anschreiben des zahnlosen Tigers jugendschutz.net ist mir bislang kein flächendeckender Schlag gegen Blogs bekanntgeworden, der sich nicht gegen – eindeutig verbotene – harte Pornografie, Gewaltverherrlichung oder extremistische Propaganda richtete. Ich behaupte, das wird sich auch mit dem neuen JMStV nicht ändern.
[...]
Die immer wieder herumgeisternde Altersstufe 12 Jahre wird falsch verstanden. Es wird zwar eine Regelung geben, dass Alterskennzeichnungen vorgeschrieben sind, wenn die betreffende Seite Inhalte anbietet, die erst ab 12 Jahren geeignet sind. Allerdings gilt das nur dann, wenn sich andere Angebote der Seite inhaltlich ausdrücklich an jüngere Kinder richten und diese Inhalte nicht von denen “ab 12″ sauber getrennt sind.
[...]
Da es, um das noch mal zu wiederholen, definitiv keine Pflicht für eine Alterskennzeichnung gibt, kann die bloß fehlende Kennzeichnung auch nicht abgemahnt werden. Eine Abmahnung wäre auch höchstens auf der Basis des Wettbewerbsrechts möglich. Das Wettbewerbsrecht setzt aber auch immer ein “Wettbewerbsverhältnis” voraus. Private Blogger, auch solche mit Werbung auf der Seite, stehen aber mit kaum jemandem in einem derartigen Wettbewerb.
[...]
Ganz untätig bleiben können Blogger aber nicht, sollte der JMStV am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Wer nicht nur auf rein privater Ebene ins Internet schreibt, muss einen Jugendschutzbeauftragten nennen und eine E-Mail-Adresse angeben, über die der Beauftragte schnell erreichbar ist. Der Jugendschutzbeauftragte soll zwar die nötigen Fachkenntnisse haben. Das bedeutet aber nicht, dass er hierfür eine besondere Fortbildung nachweisen muss. Jeder Blogger, der sich die Fachkenntnisse zutraut (und wer tut das nach Lektüre dieses Beitrags nicht?) kann demnach sein eigener Jugendschutzbeauftragter sein.

So, erschlagen? Richtig so. So fühlen sich, glaub ich, erstmal ne ganze Reihe Leute, die irgendwie Content ins Web stellen. Nichts genaues weiß man eben immernoch nicht. Aber wie immer gilt: Abwarten und Tee trinken und nichts wird so heiß getrunken wies gekocht wird... Oder so... Hoffe ich zumindest.

Update (02.12.2010):
So, erwartungsgemäß ist's nicht drin, mal in Ruhe seinen Tee zu schlürfen. Auf Udo Vetters Beitrag gab es eine ganze Reihe Reaktionen, die alle ähnlich dem hier sind:

Die Ansicht von Udo Vetter, der meint, nur wer Inhalte anbietet, die ausschließlich für Nutzer ab 16 oder 18 Jahren geeignet sind, müsse eine Alterskennzeichnung einführen, teile ich nicht. Sie ist auch nicht mit dem Wortlaut der geplanten Regelung vereinbar. § 5 Abs. 1 JMStV-E sieht vier Altersstufen vor (ab 6, ab 12, ab 16 und ab 18 Jahren) und betont gleichzeitig, dass eine Altersstufe „ab 0 Jahre“ nur für offensichtlich nicht entwicklungsbeeinträchtigende Angebote in Betracht kommt. Also auch derjenige, der Inhalte online stellt, die mit “ab 12″ zu bewerten sind, braucht eine Alterskennzeichung oder muss anderweitig dafür Sorge tragen, dass der Zugang von Kindern und Jugendlichen entsprechend erschwert wird.

Daraufhin stellt sich unwillkürlich die Frage, wie sieht das aus mit der richtigen Kennzeichnung?

Als Wertmaßstäbe anerkannt sind die Grundwerte der Verfassung, insbesondere die Menschenwürde, das aus Art. 3 GG abgeleitete Toleranzgebot aber auch das Demokratieprinzip. Danach stuft man z.B. rassistische, gewaltverherrlichende, nationalsozialistische oder auch pornografische Inhalte als entwicklungsbeeinträchtigend ein. Entscheidend soll aber immer auch sein, ob Kinder oder Jugendliche ihres Alters in der Lage sind, die Inhalte differenziert und distanziert wahrzunehmen. Denn es wird sich andererseits nicht vermeiden lassen, Kinder und Jugendliche mit der Realität zu konfrontieren.

Frage 5: Ist diese Kennzeichnung Pflicht?
Theoretisch nicht, denn die Anbieter können die Inhalte stattdessen wie bisher ab bestimmten Zeiten zugänglich machen oder durch technische oder sonstige Vorrichtungen vor Zugang durch Jugendliche schützen.

Frage 8: Nach welchen Kriterien soll die Klassifizierung erfolgen?
Die Kennzeichnung soll lediglich eine freiwillige Alternative zu diesen Möglichkeiten sein. Doch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die ersten Alternativen so schwer umsetzbar sind, dass die Kennzeichnungsmöglichkeit praktisch zur Kennzeichnungspflicht wird. Oder um es mit Simon Möller von Telemedicus zu formulieren: „Die Freiwilligkeit beschränkt sich also im Prinzip darauf, ob Sie Not, Elend oder die [Kennzeichnung] wählen.“
Das Gesetz gibt bis auf den „Grad der Entwicklungsbeeinträchtigung“ keine konkreten Anhaltspunkte dafür. Auch Experten sind sich nicht immer einig. Deren Einschätzungen berücksichtigen verschiedene Faktoren, unter anderem
  • die Reiz- und Nachwirkung von Inhalten (z.B. Abbildungen von Gewalt, die zu Angstzuständen oder Abstumpfung führen),
  • den Kontext (wird z.B. der Krieg anhand eines Kriegsbildes verherrlicht oder kritisiert),
  • die Verständlichkeit (kann ein Kind verstehen, dass es sich um eine kritische Auseinandersetzung mit Gewalt handelt oder wird es nur die Gewaltdarstellung selbst wahrnehmen),
  • die Kontaktmöglichkeiten (haben Kinder oder Eltern Möglichkeiten, Fragen zu stellen oder die Inhalte zu entfernen).
Spätestens hier wird klar, dass das Gesetz an dieser Stelle medienpädagogische Qualitäten verlangt, die aufgrund lokaler und sozialer Unterschiede ohne ein Fachstudium kaum zu erlangen sind. Die Anbieter müssen ferner einschätzen können, welche Inhalte in Deutschland allgemeingültig für welche Altersstufen als entwicklungsbeeinträchtigend gelten und inwieweit die eigenen Inhalte diese Kriterien erfüllen.

Frage 9: Wer soll diese Kennzeichnung vornehmen?
Entweder nehmen die Anbieter die Kennzeichnung selbst vor oder sie nehmen die Dienste von Kontrollstellen in Anspruch, die offiziell von der „Kommission für Jugendmedienschutz“ (KJM) anerkannt wurden. Eine solche Kontrollstelle ist z.B. die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter“ (FSM).
Da diese Organisationen für ihre Dienste Gebühren erheben (z.B. beträgt der Mindestbeitrag bei der FSM 4.000 Euro pro Jahr) bleibt für die „Normalanbieter“ wohl nur die Selbsteinschätzung.

Frage 10: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit bei der Kennzeichnung Fehler zu begehen?
Der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) hat ein Experiment durchgeführt, bei dem Nutzer Webinhalte einstufen sollten. Deren Einstufungen wurden anschließend mit der Analyse des Medienpädagogen Jürgen Ertelt verglichen. Nach eigenen Angaben lagen 80 Prozent der 12.000 Stimmen falsch.

Frage 11: Was passiert, wenn die Kennzeichnung fehlerhaft ist?
In diesem Fall begeht man eine Ordnungswidrigkeit und kann ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro erhalten § 20 Abs.3 JMStV-E. Ebenso möglich ist die Sperrung des kompletten Angebotes (§ 20 Abs.4 JMStV-E in Verbindung mit § 59 Abs.3 Rundfunkstaatsvertrag).

Interessant sind die unsicheren Kommentare im InternetLaw-Blog:

2. Bei uns sieht es ähnlich aus. Wir schreiben über das Töten von Tieren (Schnecken), hochprozentige alkoholische Getränke (Schlehenlikör) Kopulation (alle möglichen Pflanzen). Ich kann einfach nicht einschätzen, was davon jugendgefährdend ist…
Kommentar von Heiner - 1.12, 2010 @ 10:50

3. Einerseits sehe ich es genauso und möchte mein Blog ohne Änderungen fortführen. Andererseits bin ich aber auch verunsichert, weil ich nicht abschätzen kann, wie sich Filmreviews z.B. zu Horrorfilmen auf die Altersfreigabe meines Blogs auswirken. Steigt diese, nur weil ich über einen Film schreibe, der keine Jugendfreigabe erhalten hat? Was ist mit Szenenbildern, die mir die Studios zur Verfügung stellen? Fragen über Fragen, die mich aufgrund der bekannten Abmahnsummen derzeit ein wenig rätselnd zurücklassen …
Kommentar von CineKie - 1.12, 2010 @ 10:52

Ich denke, da werden wir noch eine Menge drüber hören, lesen, meckern, rezensierten, zitieren, schreien und wenig heißen Tee trinken...


Update 2 (17.12.2010):

Nachdem die Fraktionen der Vorgängerregierung von CDU und FDP, die den Vertrag unter Ministerpräsident Rüttgers ausgehandelt hatten, bereits angekündigt hatten, der Ratifizierung nicht zuzustimmen, hat sich nun auch der Koalitionsausschuss von SPD und Grünen darauf verstädigt, den JMStV abzulehnen. Zur Entscheidung hätten sowohl formale Gründe wie die mangelnde Mehrheit im Landtag sowohl als auch inhaltliche Gründe beigetragen. Die Regierungskoalition sei nicht bereit, für FDP und CDU nun “die Kohlen aus dem Feuer zu holen”, während diese plötzlich fein raus seien, erklärte Kapschack.

Damit haben sich alle im Landtag von Nordrhein-Westfalen vertretenen (Linke, FDP, Grüne, SPD, CDU) ausdrücklich gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag und für eine Ablehnung ausgesprochen (wir berichteten). Eine Umkehr ist daher unmöglich, der Landtag wird das Vertragswerk morgen nicht ratifizieren, der falsche Weg im Jugendmedienschutz wird diesbezüglich zunächst nicht weiter beschritten.

Keine neue News, weil wir das gestern schon gebloggt hatten, aber: Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag ist soeben im Landtag von NRW einstimmig abgelehnt worden. Vorausgegangen war eine langwierige und etwas langweilige Debatte, wo die Wörter Netzgemeinde und Blogs ziemlich oft gefallen sind.

Schwein gehabt. *Tee Schweiß von der Stirn wisch*

Montag, 29. November 2010

Ну, погоди!

Damals, ich hatte gerade mein erstes Kinderzimmer bezogen (es war eigentlich nur eine durch eine alte DDR-Schrankwand vom Schlafzimmer meiner Eltern getrennte Buchte) und sollte Mittagsschlaf halten, da kam plötzlich meine Mutter rein und meinte:
"Wer heute ins Kino gehen will, muss jetzt aufstehen."
- "
Was kommt denn?"
"
Hase und Wolf"
Das ist tatsächlich einer der ganz wenigen frühen Kindheitserinnerungen, die ich habe.

Nun ja, und am WE war dann Haps hier in meinem Chaos zu Besuch. Russische Bunker und Ampelmännchen-Backförm
chen. DDR-Sightseeing pur. Fehlte aber noch eins: Die Russischen Filmwochen im Babylon. Nichtsahnend schlenderten wir dran vorbei, als ich plötzlich stutzte und im Aushang sah: Morgen Kinderfilm, Hase und Wolf. Kreischend und hüpfend bewegten wir uns zur Kasse, kauften 3 Karten für den Kinderfilm ("Ja, wirklich den Kinderfilm!") für Sonntag mittag.

Und so kam es wie es kommen musste: Das Babylon musste wirklich nur unsertwegen einen Saal heizen und mit dem Abspiel
en einer sehr alen Kopie Gefahr laufen, wegen Reißens einen Schatz zu verlieren. Es gab russisches Kulturfernsehen pur, teils sogar in Originalsprache. Ein grandioses Stück Kindheitserinnerung! Danke fürs Mitkommen ;)

Montag, 22. November 2010

FSK fragwürdig

Die Institution "FSK" wird mir immer suspekter.

Bei aller Spannung und teilweisen Gruseligkeit steht bei Kindern ab 12 Jahren keine nachhaltige emotionale Beeinträchtigung zu befürchten. Die bedrohlichen Szenen sind im Kontext der Geschichte für diese Altersgruppe verkraftbar und werden stets von entspannenden Situationen ausgeglichen. Zudem arbeitet der Film mit klaren Gut-Böse-Schemata und bietet 12-Jährigen positive Identifikationsfiguren.

Die Diskussion, ob Harry Potter noch FSK12 bekommen sollte, gibt es doch seit dem 3. Film, oder? Ich meine, der erste Auftritt der Dementoren war sicherlich gruselig. Spätestens an dieser Stelle sollte auch der blauäugigste Fan gesehen haben, welche Richtung die Reihe einschlagen würde. Spätestens Teil 5 war aber kein Kinderfilm mehr. Gewalt übernahm die Oberhand, die Grundstimmung schlug um von "zauberhaft bunt" zu "düster". Damals war mir schon absolut unklar, warum noch ein FSK12 berechtigt war, wenn man schon Jahre vorher diskutierte. Der sechste Teil war schon irgendwie und stellenweise ein Psychofilm, finde ich. Das Ziel zeichnete sich klar ab: Gewalt und Gemetzel. Es geht nur noch um eine Frage: Wer tötet am Ende wen und auf welch brutale Art und Weise.


Gestern nun kam ich aus aus Teil 7.1 heraus. Von vorn bis hinten Gewalt. Und wenn mal gerade niemand getötet wird und blutet, findet man sich in düsteren Endzeitstimmungen und trostlosen Landschaften wider. Die oben zitierte Begründung der FSK mag vielleicht irgendwo noch stimmen - schon allein weil man beachten muss, dass die Fernsehlandschaft die Jugendlichen in den letzten Jahren generell abgestumpft hat (Assi-Teenis statt Bugs Bunny im Abendprogramm). Aber leider wird meines Erachtens nach an dieser Stelle die eingeführte PG-Regelung vergessen, nach der Kinder unter 12 in Begleitung Erwachsener diesen Film sehen können. Klar haben diese dann die Verantwortung für die Kinder, doch leider nehmen viele Eltern die FSK als Empfehlung.

"Es gibt ein großes Missverständnis", sagt Ursula Arbeiter, "manche verwechseln die FSK-Angaben mit pädagogischen Empfehlungen!" Die FSK-Freigabe sage nur aus, dass ein durchschnittliches Kind einer Altersgruppe durch einen bestimmten Film "keine nachhaltige Beeinträchtigung" erfährt. Es geht um die Abwägung der Meinungs- und Kunstfreiheit mit dem Grundrecht von Kindern auf körperliche, geistige und seelische Unversehrtheit.

Man muss dabei in Betracht ziehen, dass die FSK nun einmal - wie der Name schon sagt - die freiwillige Selbstkontrolle der Filmindustrie ist. Und als solche ist sie interessiert daran, möglichst viele Zuschauer in die Säle zu kriegen. Und damit sollte klar sein, dass sie alles daran setzt, eine FSK12 für Harry Potter bis zum Schluss zu erwirken. Ist damit nicht der Sinn der FSK fragwürdig? Vor allem wenn genau diese Vermutung bestätigt wird:


Auch Joachim von Gottberg, Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen und Hönges Vorgänger bei der FSK, findet zwar, die FSK könne den Verbraucher-Tipp formulieren, weiß aber auch, wie diffizil dies wäre. Schließlich ist die FSK eine Einrichtung der Filmwirtschaft, "und von der kann man kaum erwarten, dass sie vom Besuch eines Films abrät".

Aber auf der anderen Seite wird dann ein so genialer Filme wie "Der blutige Pfad Gottes" wegen "Verherrlichung von Selbstjustiz" von denen auf den Index gesetzt. Das muss man nicht verstehen, gibt es denn wirklich ein Gewalt-Schema, nach dem die FSK arbeitet oder ist es letztlich auch nur eine Frage des Geldes?


Und es geht um das Geld, das die Fernsehsender den Produktionsfirmen zahlen: Ein Film, der für Zwölfjährige freigegeben ist, darf um 20 Uhr im Fernsehen gesendet werden. Hat ein Film nur eine Freigabe ab 16, darf er erst nach 22 Uhr laufen - ein entscheidender Unterschied. Die Produktionsfirmen lassen sich die Prüfung daher etwas kosten: 46 Cent pro Filmmeter zahlen sie an die FSK, das macht bei einem durchschnittlichen Kinofilm von 2700 Metern 1242 Euro plus Mehrwertsteuer. Die FSK ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V., als GmbH aber ökonomisch autonom - und sie finanziert sich über die Prüfgebühren der Antragsteller. Weil Filme, die nicht geprüft werden, automatisch "ab 18" sind, lässt die Filmindustrie die meisten Filme prüfen.

Wer heute in Deutschland einen Film auf den Markt bringt, für den er sich eine Altersfreigabe von zwölf Jahren an, das grüne Zeichen "FSK 12", erhofft, beantragt eine Freigabe ab sechs, um genau das zu bekommen, was er haben wollte. Dann können sich alle gut fühlen - die Prüfer waren schließlich strenger als der Antragsteller. Und wer würde für "ab 16" plädieren, wenn "ab sechs" beantragt ist, auch wenn damit eigentlich "ab zwölf" gemeint ist? Über diese Dynamik spricht niemand gerne laut. Aber untereinander reden die Prüfer schon darüber.


So, zum Ende aber noch ein paar Worte zum Film an sich. Sieht man mal von obigen Bedenken ab, war der Film als solcher gut. Die Düsternis war dauerhaft bedrückend und stimmungsvoll. Der Film hat viel Wert auf negative Emotionen gelegt. Die schauspielerischen Leistungen wurden auch wieder besser, vor allem die der Hermine-Schauspielerin Emma Watson. Und letztlich kommen auch die meisten Effekte wieder total gut. Es macht wieder einfach nur Spaß, zuzusehen.
Über den Inhalt lasse ich mich an dieser Stelle nicht aus. Ich habe nach dem Buch 6 den letzten Band boykottiert und mich auf die Wikipedia-Zusammenfassung beschränkt. Es geht eben einfach nur noch um Mord und Totschlag. Nichts mehr von schöner Zaubererwelt mit lustigen Gimmicks an jeder Ecke. Und so sind eben auch die letzten Filme. Doch im Gegensatz zu den beiden letzten Büchern machen die Filme einfach noch aufgrund guter Arrangements Spaß. Wie der sechste Teil ist auch dieser Film das Beste was man aus einem schlechten Buch machen konnte. Und so freue ich mich auf Juli nächsten Jahres, wenn die sehr gute Filmsaga dann endlich abgeschlossen wird.

Mittwoch, 17. November 2010

Endlich Dual

Was hat mich bisher davon abgehalten, dauerhaft Linux zu nutzen? Nun ja, nach mehreren Gehversuchen bei Ubuntu hat mich eine Sache genervt: Ich hatte meine komplette Mailkorrespondenz auf Windowsbasis. Und zwar mittels Thunderbird Portable. Und so komisch wie es klingen mag: Es gab ewig keine wirklich simple Lösung für ein portables Thunderbird unter Linux. Doppelte Mail-Datenhaltung fiel raus und nur für die Mails Windows booten auch. Deshalb dauerhafter Windowsuser.

Heute habe ich aber HIER endlich eine Lösung gefunden, auch für Linux das Thunderbird Portable zu installieren. Dann einfach noch schnell im loader.sh den Profilordnerpfad auf

[ThunderbirdWindows]\Data\profile

gelegt und schon bootet der Donnervogel auch mit den bekannten Einstellungen und Mails unter Linux. So, nun habe ich keine Ausrede mehr, jetzt kann ich zumindest für die Alltagsarbeiten auf Ubuntu umsteigen... Wenn ich dann mal Zeit und Lust hab, meinen ganzen Verschlüsselungskram hier umzubauen. Naja, ich kann ja mal wenigstens mit Kovu (Lappi) anfangen *gg*

Mittwoch, 10. November 2010

Positives von der Front

Es gibt immer wieder Übergriffe der Polizei auf Demonstranten. Zumindest Netzaktivisten sind in der näheren Vergangenheit mehrfach darauf aufmerksam gemacht worden und machen aufmerksam. Polizisten, die prügeln und dann noch gedeckt werden sind das Allerletzte und leider nur der Gipfel des Schiefstands unseres System. Aktivisten wie Fefe proklamieren die Einführung von Kennzeichen auf Uniformen, ich persönlich stehe dem auch nicht im Ansatz abgeneigt gegenüber. Vor allem dann nicht, wenn man solche Videos sieht, wie diverse Blogs es derzeit mal wieder verlinkten, so auch Pebeck gestern.

Dennoch scheint es Gegenbeispiele zu geben. Der folgende Bericht sticht aus all den Negativmeldungen heraus. Und eben weil es hier mal um eine andere Darstellung von Konfliktlösungen geht, empfinde ich es als wichtig, ihn weiter zu verteilen. Versteht mich nicht falsch. Ich bin der Allerletzte, der versucht, die Situation zu beschönigen. Aber ich habe etwas dagegen, einen ganzen Berufsstand in den Dreck zu ziehen, nur weil es ein paar verdammte Arschlöcher gibt, die ihre Macht voll ausnutzen und es genießen. Über die positiven Beispiele wird nur zu wenig berichtet, deshalb viel Spaß beim Lesen - es lohnt sich der Ganze Artikel, nicht nur der zititerte Teil meinerseits.

Ich komme gerade aus Gorleben zurück und will die dortigen Abläufe kurz (und vollkommen subjektiv) schildern.
[...]
Einige Beamte zogen ihre Schlagstöcke und bewegten sich auf uns zu. Der erste aus meiner Nähe hob seine Arme vor das Gesicht um sich vor den erwarteten Schlägen zu schützen. Der Beamte trat auf ihn zu und sagte: "Ne ne, geknüppelt wird hier nicht. Guten Morgen erstmal, wollen sie freiwillig gehen? Nein? dann setzen sie sich bitte hier auf diesen Schlagstock und mein Kollege und ich tragen sie hinter die Absperrung."

Ich stecke seit rund 10 Jahren regelmäßig zu den unterschiedlichsten Anlässen Schläge von der Polizei ein, ich kann zwischen "Bullen" und "Polizisten" unterscheiden, aber dies war das erste Mal, dass ich Menschen in Uniform getroffen habe.
[...]
Es war die friedlichtste Veranstaltung die ich je erlebt habe, bei der zwei gewaltbereite Gruppen (wir passiv, sie aktiv) aufeinandertrafen.

Und genau dies ist die große Chance. Es gibt keinen Grund über gewalttätige Ausschreitungen zu berichten, denn dafür haben wir dort an dieser Stelle alle gesorgt, es ist Zeit sich mit dem eigentlichen Gegenstand auseinanderzusetzen und wenn die Politik dies nicht wahrnimmt wird sie bei dem nächsten Castor-Transport an einer erneuten Eskalation der Gewalt schuld sein, da sie nicht auf friedliche Proteste reagiert...

Dienstag, 9. November 2010

Der Traum vom eigenen Frank Pt.II

Erinnert ihr euch an den ersten Teil? Nein? Na toll. Hm, nagut, dann verlinke ich ihn hier nochmal, extra für euch. Ja, so bin ich zu meinen Lesern *gg*

Tja und als ich so vor dem Halloween-Wochenende mit den Kiddies in den örtlichen Kostümladen hüpfte, um mir ein Killerclown-Kostüm zu besorgen, scrollte so im Katalog ein Bild an mir vorbei. Quietschend vor Freude sprang ich auf, sprach: "Den will ich! Den und nix anderes!" Sie sprach: "Das ist aber kein Clown."

NEEIIIN, nicht direkt, viel cooler...


Noch im Laden musste ich der Verkäuferin zuliebe den Frank auch gleich anprobieren, schließlich wollte sie schon immer mal "mit Frank kuscheln".oO(FREE HUGS!)

Allerdings stellte sich heraus, dass diese Figur die Kinder ganz und gar nicht ängstige. Man muss wohl die Geschichte dazu kennen. Oder wenigstens ein wenig mehr Vorstellungs- und Abstraktionsvermögen haben. Naja, so war ich wenigstens der komischste Osterhase bei der Halloweenparty *grins*

Montag, 8. November 2010

GC Meilenstein

Sowas Glattes sieht man selten in der Cacher-Statistik. Tja, ich habe die 10000km-Marke geknackt und das ohne einmal im Ausland gewesen zu sein. 10000km zu 75,88% im 50km Umkreis um meinen Wohnort. In übrigens genau 200 Tagen, die ich cachen war (und für Insider: mit genau 300 Tradis!) Soviel runde Zahlen auf einem Haufen *gg*

Ja, ich liebe statistische Auswertungen, die eigentlich völlig sinnlos sind.

PS: 1.87/1.89

Samstag, 6. November 2010

His little piece of privacy

Sehr sehr geil... Nur der Motor sollte noch schneller sein. Aber das ist ja mal Nerd pur :D



Montag, 1. November 2010

Ick bin een...


Jetzt endlich auch offiziell :) *stolzis*

Natürlich wollte ich mir letzte Woche noch einen neuen alten Personalausweis holen. Allerdings musste ich mich dafür erstmal endlich in Berlin anmelden. OK, zweitwohnsitzlich hätte ich das schon immer machen müssen *unschuldigpfeif* aber diverse Gründe sprachen gegen einen Hauptwohnsitz. Die sind jetzt weggefallen. Und damit stand der Weg frei, mich von einem Provinzler zu einem Metropolitaner zu upgraden.

Glücklicherweise
war die Dame im Amt ausreichend cool als ich ihr meinen Antrag auf Umzug vorlegte: "Sie wissen schon, dass man 800€ Strafe zahlen muss, wenn man sich nicht innerhalb von 14 Tagen nach seinem Umzug anmeldet? Da haben Sie sich bestimmt verschrieben in dem Feld mit dem Einzugsdatum, oder? Also [Nachdruck] WANN [/Nachdruck] sind Sie eingezogen?"
*grins**"
vorgestern" eintrag*
"
Hm, aber der Mietvertrag läuft schon zu lange, da muss ich erstmal Ihren Vermieter anrufen, ob Sie da noch wohnen."

Sie legt wieder auf.
"Ich sage Ihnen jetzt besser nicht, was er gesagt hat." - "Ich kanns mir denken, dafür hab ich ihn schon oft genug gesehen..."
Uh-Oh *Kurve kriegen muss* "... immer wenn ich meine Immobilie kontrolliert habe."

Sie setzt den "Jaja, schon klar, die Immobilie"-Gesichtsausdruck auf und bestellt mir noch schnell einen neuen Perso ;) Toll die Beamtin. Danke :)

Freitag, 22. Oktober 2010

Gerockt


Lauter schöne Menschen. Blitzlichtgewitter. RoterTeppich-Atmosphäre. Ich wurde von einem Polizisten freundlich aber bestimmt gebeten, weiter zu gehen.

Brauchte ich nicht. Ich zückte das Ticket und wurde sofort von einem netten Mitarbeiter durchgewunken. Direkt drüber über den imaginären Teppich, aber bitte möglichst schnell vorbei an all den C-Promis . Zwei Gesichter hatte ich sogar schon mal irgendwo gesehen .oO("Waaah, das ist einer von den Dreisten Drei!" - "Öhm, ja genau *hüstel*"). Dann direkt durchs Portal und drin stand ich. Ich mit meinem Toten-Hosen-Sweatshirt und Winterhose inmitten lauter aufgetakelter Menschen in Ballkleidern und Smokings. Blickfang war ich schon irgendwie. Zumindest bis die beiden hier auftauchten. Mit "Guten Tag, wir machen hier sauber" stolperten sie mir im Klo über den Weg und begleiteten mich irgendwie den Rest des Abends. Während ich mich weiter umsah, dem Gratissekt lieber den Gratis-O-Saft vorzog und mir die Freddie-Statue anschaute, posierten die beiden im Eingangsbereich neben den ganzen Möchtegern-Promis.

Im wie immer sehr schicken Saal des Theater des Westens angelangt erstmal versehentlich auf einen falschen Platz gesetzt, nur um feststellen zu müssen, dass ich in Wahrheit den wohl beschissensten Sitzplatz kaufte, den man überhaupt bekommen kann. Also eines vorweg: Kauft für dieses Musical nicht II. Rang rechts Reihe größer 1. Links ist noch ok, Mitte besser. Ich nehme an, die beste Sicht hat man irgendwo I. Rang Mitte. Ist auch egal.

Der Vorhang war verziert mit einem riesigen Queen-Wappen. Toll. Als dann die Stimme aus dem Hintergrund das gefühlte 10. Mal zur Ruhe aufgerufen hatte und das Blitzlichtgewitter auch nach der hundertsten Ansage nicht eingestellt wurde, erklangen die ersten Klänge der Premiere des Musicals "We Will Rock You". "Innuendo" als Ouvertüre. Geil, Top-Hit am Anfang. Im Prinzip konnte ich schon gehen ;)

Dann folgte ein kleiner Schock. Auf der Bühne wurde "Radio Gaga" performt - mit deutschen Texten. Inbrünstig hoffte ich, dass das nicht so weiter gehen würde. Bitte nicht! Doch diese Sorgen wurden schon im zweiten Titel zerstreut. Mit einem unglaublich energiegeladenen Auftritt stellte sich der Protagonist der Story mit einer sensationellen Version von "I Want To Break Free" dem Publikum vor. Ich war noch nicht überzeugt, immernoch vorsichtig mit positiven Emotionen - den letzten Song im Hinterkopf. Doch je weiter das Musical fortschritt, desto begeisterter wurde ich.

Zur Pause war ich überzeugt. Die Story erscheint zwar die ganze Zeit irgendwie aus den Fingern gesogen und ohne jegliche Tiefe - aber mal im Ernst: Wen interessiert das schon wirklich? Es geht um die Songs - um nichts anderes. Das Tolle an dieser Premiere war vermutlich, dass der Saal zu 98% aus eingefleischten Queen-Fans bestand - oder deren Anhängseln. So wurde jeder Song mitgesungen. Teils leise gesummt, teils wild gegröhlt - wie in dem Fall der wirklich coolen Fans, denen ich im Klo begegnet bin. Sie saßen direkt neben mir. Sie sangen falsch, aber das war egal. Die Stimmung war ausgelassen und die Schauspieler umjubelt. Hat man sich einmal darauf eingelassen und sieht man über die wenigen deutschen Passagen hinweg, macht das Musical großen Spaß. Gerade das ständige Bashing der DSDS-Popkultur, dem der Untergang des Classic Rock angehängt wird, sowie dem Einbau von aktuellen Geschehnissen führte bei der Meute von Rockfans im Publikum zur allgemeinen Erheiterung. So entartete das Musical Stück für Stück zu einer guten Komödie mit noch besserem Soundtrack.

Im zweiten Teil musste ich zwar erst einmal wieder in die richtige Stimmung gebracht werden, aber spätestens bei "Don't Stop Me Now" hielt es mich nicht mehr im Sitz und ich tanzte was das Zeug hielt - immerhin ein Vorteil an beschissenen Plätzen: Man stört niemanden hinter einem ;) Und dann das Finale. Es war furios. Man muss sich einmal ein Theater vorstellen, in gutem alten Stil erbau, zwei Ränge. Und dann das Stampfen der Füße von 1600 Menschen. "We Will Rock You"-Beat durch das ganze Theater. Die Ränge vibrierten. Es folgte eine StandingOvation, 3200 Hände klatschten den Beat weiter. Von meiner bescheidenen Position aus konnte ich das vollstens genießen - ich sah nahezu alle. Unglaublich.

Dann der Abgang. Aus. Vorbei. Es fehlte "Bohemian Rhapsody".

Ein einsamer Schriftzug am Ende der Bühne. "Wollt ihr Bohemian Rhapsody?" Die Sänger gaben noch einmal alles. Und dann kam der Moment, an dem ich dachte, jetzt könnte ich sterben, ich habe alles erlebt: Beim E-Gitarrensolo kam der Meister persönlich auf die Bühne. JA, ich sah Brian May Gitarre spielen! Brian May! WAAAAAAAAH!!!


Ich weiß nicht, ob man das Musical empfehlen kann, wenn man mit Queen nichts anfangen kann. Noch weniger weiß ich, ob man das Musical empfehlen kann, wenn das Publikum zu großen Teilen aus DSDS-Verehrern besteht, die da alle Nase lang verarscht werden. Aber eines weiß ich sicher: Mit einem Saal voller Queen-Fans macht das Musical Spaß ohne Ende - man muss sich nur darauf einlassen!


BRIAN MAY!!! OH MEIN GOTT!!! *kreisch*

Montag, 18. Oktober 2010

Bier und Schnaps

Vorletzten Freitag gings mal wieder zu einem Konzert. Klar war Mutabor der Hauptact und wie immer mit viel Spaß verbunden. Dennoch, irgendwie gab es ein anderes Highlight. Die eigentliche Vorband wurde abgesagt. Dafür stand ein schnell angeschleppter Support an der Tür:

"The Incredible Herrengedeck"

Auf die Bühne kamen zwei junge Burschen (der Dritte war wohl krank oder tot oder besoffen oder wattweeßicke). In der Hand einen Kontrabass und eine Gitarre. Die würden wohl "Akustikpunk" machen. Was folgte, konnte man getrost als Dauerlachkrampf bezeichnen.

Die Musik als solche hatte jazzige Einschläge mit einer Prise Blues. Die Texte waren Punk pur. Es wurde ehemaligen Berliner Szenevierteln hinterhergeweint, akustikge-metal-t und Kieze destroyed, Arbeiterkämpfe ausgerufen und Diktatorfantasien ausgelebt. Diese Combo hat wirklich unglaublich gute Texte, sprach Themen an, die man nur selten hört und bringt Ansagen, die allein jeden StandUp-Comedyclub gerockt hätten - und damit natürlich deutlich besser als die der Hauptband ;)

Wenn jemand mal die Chance hat "The Incredible Herrengedeck" zu hören, HINGEHEN! Der Abend ist damit auf jeden Fall schon jetzt ein Highlight. Man kann sich auch einen Eindruck bei Youtube und MySpace verschaffen.

Ich jedenfalls hab den beiden erstmal 4 CDs abgekauft *gg*


Listening To:
The Incredible Herrengedeck - Der Soundtrack zum Untergang der Welt

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Brutale Exekutive

Fefe:

Lest euch das mal durch und denkt darüber nach, was für Schäden schon der alte Wasserwerfer in Stuttgart angerichtet hat. Das ist schon krass, was für Massenvernichtungsinstrumente unsere Politiker da anschaffen.

Bei Telepolis also:

Die Bereitschaftspolizeien der Länder werden mit neuen Wasserwerfern ausgerüstet. [...] In den Genuss der neuen Distanzwaffe kommen zuerst die Länderpolizeien in Hamburg, Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Zwei Fahrzeuge werden noch 2010 übergeben, drei weitere in 2011 ausgeliefert. Der Stückpreis liegt über 900.000 Euro, bis 2019 ist die Anschaffung 78 neuer Geräte für insgesamt 75 Millionen Euro geplant.
[...]
"Schluss mit lustig" frohlockt die Bild-Zeitung, in Polizeiforen freuen sich Polizisten auf einen baldigen Einsatz. Der Spiegel berichtet anlässlich der Auslieferung des Musterfahrzeuges, Beamte würden sich "balgen", um auf dem Kommandoplatz sitzen zu dürfen, und posierten für Fotos vor dem Gefährt. Kein Wunder angesichts des Designs, das laut BMI-Referatsleiter Achim Friedl "so gestaltet [ist], dass es Respekt einflößend wirkt" und einen "psychologischen Effekt" habe.
[...]
Die neuen Geräte haben 10.000 Liter Tankvolumen statt bisher 9.000, wiegen 31 Tonnen und sind sowohl größer wie auch länger als ihre Vorgänger. Auch die Motorleistung hat sich auf 408 PS erhöht. Wurde früher aus zwei Rohren geflutet, können Menschenmassen jetzt von zwei "Operateuren" aus drei Rohren beschossen werden. Zu den Features gehören "Wasserglocken" und "Wasserwände", hinter denen sich Polizisten unbemerkt nähern können. Die wohl bemerkenswerteste Neuerung besteht im möglichen Druck: die Kompressoren können einen rund ein Drittel höheren Wasserdruck erzeugen und mit 10 bar bis zu 3.300 Liter pro Minute verschießen.
[...]
Die fünf Besatzungsmitglieder haben es indes hinter fast unzerstörbaren Polycarbonatglasscheiben mit Standheizung, Klimaanlage und Kühlfach regelrecht gemütlich. Vor den eigenen Zwangsmitteln durch eine Außenluftfilteranlage geschützt, können dem Strahl sowohl CN- wie auch CS-Tränengas zugemischt werden. Hierfür werden insgesamt sechs Gas-Behälter à 20 Liter in einem Geräteraum bevorratet.

Seit ihrer Einführung in den 50er Jahren gehen Wasserwerfer-Einsätze mit heftigen Verletzungen auf Seiten der Beschossenen einher. Die Brutalität der Distanzwaffe wurde zuletzt während der Proteste in Stuttgart offensichtlich. Mehrere Demonstranten, auf die offensichtlich wahllos geschossen wurde, liegen in der Stuttgarter Augenklinik und werden ihr Augenlicht womöglich verlieren. Linsen wurden nach innen gedrückt, Lider zerrissen, die Netzhaut zerfetzt, der Augenboden oder fragile Knochen am Auge gebrochen.

Und um noch einmal Fefe zu zitieren:

Der Rentner, dessen Augen in Stuttgart Opfer der Wasserwerfer geworden sind, wird auf einem Auge blind bleiben. Und wird das jetzt Konsequenzen für die Polizei haben? Rücktritt des Polizeipräsidenten? Rausschmiss des Wasserwerferpiloten? Rücktritt des Innenministers gar, und des Ministerpräsidenten? Nein, natürlich nicht. Niemand muss in den Knast.
[...]
Update: Oh übrigens, wer denkt, krass, ein Auge verlieren, das ist ja wohl mindestens schwere Körperverletzung, dafür muss jemand in den Knast: Bei Heiligendamm hat auch schonmal einer ein Auge verloren, und was ist geschehen? Dreimal dürft ihr raten! Was immer geschieht bei Polizeigewalt in Deutschland!
"Ein bedauerlicher Unfall", erklärt die Rostocker Staatsanwaltschaft nach über zwei Jahren Ermittlungen.
Verfahren eingestellt. Wer da das letzte bisschen Glauben an den Rechtsstaat verliert, kann sich immerhin damit trösten, dass er nicht alleine ist.