Donnerstag, 27. November 2014

Statement "Band Aid 30"

So, nach Jahren krame ich mal wieder diesen Blog heraus. Einzig, weil mir 140 Zeichen zu wenig sind, für das, was ich zu sagen habe.

Es geht um diesen Song. Ihr wisst schon, diesen zugegeben richtig ätzenden Song. "Do they know it's chrismas". Nun, darüber gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Ist scheiße. Oder auch nicht. Kann man halten, wie man will. Und wenn man ihn kauft, spendet man vielleicht aus Versehen ein paar Brotkrümel gegen Ebola.

So weit so gut. Nun muss ich sehen, dass sich meine Twitter-Timeline füllt mit lauter Statements und YouTube-Videos, die einem erzählen, wie scheiße doch dieser deutsche Ableger des Projekts ist. Kurzer Abriss: Band Aid war und ist ein Projekt, wo sich in der Vergangenheit ein paar Mal ein Haufen Künstler getroffen haben und ein Lied zusammen für einen guten Zweck aufgenommen haben. Dieses Mal sollte der gute Zweck also Hilfe gegen Ebola sein und es gab einen deutschen Ableger. Die Uno kontaktierte Bob Geldof, den ursprünglichen Initiator, der wiederum kontaktierte Campino von Die Toten Hosen. Dieser sammelte dieses Mal ein paar deutsche Künstler um sich und sie sangen eben das oben genannte Lied. Es gibt wohl auch eine US-Version, eine britische und eine französische. Kauft man es, soll ein Teil des Geldes der Arbeit gegen Ebola zugute kommen. Punkt. Bei YouTube kann man das Ergebnis betrachten.

Was ist nun mein Problem? Genau das ist im Grunde die Frage, die ich mir gerade permanent genau anders herum stelle. Was ist das Problem von Menschen, die jetzt unaufhörlich vor allem auf Campino rumhacken, dass er dieses Projekt gestemmt hat? Ich möchte namentlich den Beitrag des sonst von mir sehr geschätzten Jan Böhmermann nennen:



Ich fasse also zusammen:
Campino ist böse. Warum?
Nun, weil er Leute wie Jan Josef Liefers eingeladen hat. Und der hat mit Ferrero zusammen gearbeitet. Und außerdem ist der dann mal spontan nach New York geflogen.
Außerdem hat er Cro eingeladen. Und der hat schon einmal mit McDonalds zusammen gearbeitet (übrigens wie gefühlt 50% aller Promis in der Kampagne).
Außerdem hat er einen Bruder, der zu viel Geld gekommen ist.
Außerdem haben einige der Mitsingenden gerade ein aktuelles Album. Oder eine Tour. Oder sind bei Universal unter Vertrag.
Ja, Campino ist so unglaublich böse, weil er Leute kennt, die mal irgendwo irgendwas gemacht haben, das vielleicht nicht ganz im Sinne von Afrika war.

Wohlgemerkt haut Böhmermann permanent auf alle ein, nur nicht auf Campino oder Die Toten Hosen selbst. Und dennoch ist es Campino, der der Buh-Mann ist. Warum? Weil er ein vermutlich reicher Rockstar ist, der es gewagt hat, im Auftrag der Uno(!) ein Charity-Projekt zu stemmen, um auf die Probleme der Dritten Welt zu verweisen, anstelle einfach das Maul zu halten und selbst ein paar Millionen zu spenden.

Ehrlich Leute? Echt jetzt? Was ist so falsch daran? Promis nutzen ihre Bekanntheit, um Geld aus dem Volk zu aquirieren. Nichts neues, kommt immer wieder. Nennt sich Benefiz-Veranstaltung. Und wenn es auch nur einen Menschen gibt, der diesen Song gekauft hat, von dessen Erlös vielleicht Geld nach Afrika geht, ist doch etwas Gutes bei herausgekommen. Jedem Menschen steht es frei, trotzdem noch mehr Geld an beliebige Organisationen zu spenden. Ob er den Song gekauft hat oder nicht. Fakt ist aber, dass Bob Geldof/Campino hier einfach etwas mehr gemacht haben, als einfach nur die Füße still zu halten. Sie haben versucht zu helfen. Einfach so. Dabei ist nicht der Punkt, dass alle Beteiligten vermutlich selbst in eigenen Geldspeichern baden. Der Punkt ist, dass ihre Berühmtheit andere Leute animieren könnte, selbst auch hier und da über gewisse Dinge nachzudenken und vielleicht auch mit Geld oder womitauchimmer helfend aktiv zu werden. Ja, natürlich würde es auch viel helfen, wenn die Sänger einige Milliönchen ihres Privatvermögens ebenfalls spenden. Aber vielleicht haben sie das gemacht. Vielleicht haben sie schon viel Geld gespendet oder andere Sachen getan. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was reiche Promis oder jeder andere Bürger mit seinem privaten Geld macht. Ich weiß nicht, ob Campino privat gespendet hat oder wie viel. Und ich will es nicht wissen. Weil es mich nichts angeht! Es geht mich nicht an, wie reich der Typ ist, der da versucht, mit einem Weihnachtslied andere Leute zum Spenden zu ermutigen. Und es geht mich nichts an, was dieser Typ privat macht.

Aber angenommen, er hat schon ganz viel Geld gespendet. Und zusätzlich dazu hat er dann (und alle Mitstreiter) dieses Projekt angegangen, um NOCH mehr Geld zu sammeln. Was ist daran schlimm? (außer dem Song an sich natürlich). Ich sehe partout kein Problem damit. Ist es Neid? Oder was ist es, dass so viele Menschen dieses Projekt dermaßen niedermachen müssen? Abgesehen davon ist Campino der letzte, dem ich Heuchelei in der Beziehung unterstelle. Auf jedem Hosen-Konzert gibt es Stände von Oxfam und anderen Hilfsorganisationen. Er wird nicht müde, immer und immer wieder diese Organisationen zu nennen und zum Spenden aufzurufen. Damit tut er mehr als viele viele viele andere bekannte und unbekannte Menschen. Und wer weiß? Vielleicht hilft es ja auch aus Versehen...

Leute! Hört einfach mal auf, zu heulen. Wenn ihr nicht wollt, kauft diesen Song einfach nicht. Wenn ihr wollt, dann spendet einfach so. Alles in Ordnung. Aber hört auf, das Engagement anderer Leute klein zu reden!
So, und ich? Ich kaufe jetzt diesen Song. Und dann werde ich ihn sofort wegschmeißen, weil ich ihn eh niemals hören werde. Ich werde damit Universal Geld in den Hintern schieben, aber vielleicht auch einen Drittel Cent nach Afrika geben.

PS: Ich sehe gerade, das drüben im Spreeblick-Blog tatsächlich ein ähnliches Statement existiert:
- Band Aid 30: Alles scheiße?

PPS: Wer sich vielleicht wirklich anders engagieren will, dem kann ich nur das Humanitarian OpenStreetMap Team ans Herz legen, die versuchen, die Gegend in den betroffenen Gebieten zu kartografieren. Davon profitieren die dortigen Hilfskräfte. Das war schon erfolgreich bei den Katastrophen in Haiti und den Philippinen: 
- HOTOSM Ebola

PPPS: Ich sehe gerade, das Universal Music wohl angeblich auch komplett unentgeldlich arbeitet, wie die Künstler selbst. Na Mensch, sind die böse...